Yoga im Knast
Vom Sommer 1999 bis Herbst 2014 leitete ich YOGA - Kurse in der JVA Freiburg.
Die Kurse fanden ein mal wöchentlich mit durchschnittlich ca. 6-10 Teilnehmern
statt.
Die Freiburger JVA ist ein Sicherheitsgefängnis für Langzeitinhaftierte
und Sicherheitsverwahrte aus ganz Baden-Württemberg. Zirka 700 Männer aus
ungefähr 50 Nationen verbüßen hier Haftstrafen zwischen 15 Monaten und Lebenslänglich.
Spürbar ist das Leiden, dass auf engem Raum zusammentrifft, eine schier endlose
Kette von Gewalt, die sich hier konzentriert. Zusätzlich prägt die Präsenz
der Staatsgewalt die Atmosphäre.
Mich interessierte besonders, welche persönlichen Erfahrungen, die Männer mit
einer Biografie, die von Leid, Missbrauch und Gewalt geprägt ist, mit einem
lebendigen und regelmäßig praktizierten Übungsweg machen und wie sie diese
in ihrem (Knast-)Alltag integrieren. In meiner Yogapraxis geht es mir besonders
darum, Achtsamkeit dafür zu entwickeln, wie der/die Übende mit sich selbst
umgeht, Einsicht zu gewinnen über die Gedanken- und Gefühlsmuster, die
das Handeln bestimmen.
Die meisten Männer waren sehr dankbar für die 1 ½ Stunden, in denen sie
in Ruhe, scheinbar „fern“ vom Gefängnisalltag üben und dabei mit sich Erfahrungen
machen konnten, die außerhalb ihres bisherigen Erfahrungsspektrums lagen.
Dehnbarkeit, sanfte Kraft, Loslassen physisch und psychisch, Atem und Momente
tiefer Ruhe eröffneten ihnen einen neuen Zugang zu ihrer Persönlichkeit.
Texte von Thich Nhat Hanh boten geistige Inspiration und die Möglichkeit
zur Selbstreflexion. Die Stunden wurden häufig als der Höhepunkt der Woche
erlebt.
